Niedriger Vitamin D-Spiegel bei SARS-CoV-2-infizierten Patienten
Die vom Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste COVID-19-Pandemie hat die Welt im Griff. Nur ein Teil der Infizierten zeigt Krankheitssymptome und ein noch geringerer Prozentsatz benötigt intensivmedizinische Betreuung. Der Grund hierfür ist bisher nicht bekannt. Etwas mehr Licht ins Dunkel bringt eine in Nutrients publizierte Studie von Wissenschaftlern aus Turin (Italien). Sie untersuchten eine mögliche Beziehung zwischen Vitamin D-Blutspiegel und SARS-CoV-2-Infektionen.
Um den 25-Hydroxyvitamin D-Spiegel (25(OH)D) im Plasma zu bestimmen, haben D’Avolio et al. den MassChrom® Vitamin D Assay mit automatisierter Probenvorbereitung mittels Hamilton MassSTAR eingesetzt. Analysiert wurde das Plasma von 107 Patienten, die alle Symptome einer akuten Atemwegsinfektion gezeigt haben. Von diesen waren 27 mit dem Virus infiziert, wie PCR-Testungen ergeben haben. Die Autoren zeigen, dass SARS-positiv getestete Patienten im Vergleich zu nicht-infizierten Patienten niedrigere Vitamin D-Spiegel aufweisen (Abb. 1). Diese Unterschiede waren unabhängig vom Geschlecht der Patienten, jedoch abhängig von deren Alter. Aufgeteilt in zwei Altersgruppen – unter bzw. über 70 Jahren – zeigte nur die Gruppe mit einem Alter von über 70 Jahren signifikant geringere 25(OH)D Konzentrationen. Dieses Ergebnis könnte bedeutsam sein, denn das Alter ist ein bekannter Faktor für den Krankheitsverlauf einer Infektion mit SARS-CoV-2.
Abbildung 1: SARS-CoV-2 PCR-positiv gestestete Patienten haben einen niedrigeren Vitamin D-Spiegel.
Eine Schwäche der Studie ist die relativ geringe Zahl an Patientenproben. Die Autoren argumentieren aber, dass die Daten trotzdem aufschlussreich sind, da alle Patienten – auch die Gruppe der SARS-negativ Getesteten – eines besonderen Risikos einer Infektion ausgesetzt waren und mit Symptomen einer Atemwegserkrankung behandelt wurden. Eine weitere Lücke der Studie besteht in der fehlenden Information zur Schwere der Symptome sowie der Tatsache, dass die gemessenen Patientenproben lediglich von einer Klinik bezogen werden konnten.
Warum Vitamin D?
Es ist bekannt, dass Vitamin D eine Schlüsselrolle beim Calcium-Metabolismus und der Knochenbildung einnimmt. Man weiß darüber hinaus auch, dass es einen positiven Einfluss auf die Immunantwort des Körpers hat [1]. Vitamin D verfügt über entzündungshemmende und immunregulatorische Eigenschaften und trägt entscheidend zur Aktivierung des Immunsystems bei. Ein niedriger Vitamin D-Spiegel geht einher mit einer erhöhten Anfälligkeit von Infektionen und anderen Krankheiten, die mit dem Immunsystem im Zusammenhang stehen [3]. So haben Forscher herausgefunden, dass niedrige Vitamin D-Konzentrationen mit einem erhöhten Risiko korreliert, an Atemwegserkrankungen wie beispielsweiseTuberkulose Asthma sowie bakterielle und virale Infektionen zu erkranken [4-7]. Vitamin D-Mangel ist ebenfalls mit einer verminderten Lungenfunktion verbunden, was die Fähigkeit des Körpers Atemwegserkrankungen zu bekämpfen vermindert [8]. Insofern würde es nicht überraschen, wenn das Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion durch den Vitamin D-Spiegel beeinflusst werden könnte.
Was könnte das bedeuten?
Die Studie von D’Avolio et al. könnte ein erster Hinweis darauf sein, dass eine Vitamin D3-Supplementierung bei der Behandlung von COVID-19 helfen könnte, indem es stärkere Symptome verhindern könnte oder die Präsenz des Virus in den oberen Atemwegen reduziert sowie Patienten weniger infektiös macht. Eine Studie von Grant et al. [9] legt nahe, dass Personen mit einem COVID-19 Risiko 10,000 IU/Tag Vitamin D3 für ein paar Wochen nehmen könnten um den 25(OH)D Spiegel schnell zu erhöhen, gefolgt von 5000 IU/Tag um das Risiko einer Infektion zu minimieren. Das Ziel sollte sein, eine 25(OH)D-Plasmakonzentration von über 40–60 ng/mL (100–150 nmol/L) zu erreichen. Allerdings weisen D’Avolio et al. darauf hin, dass randomisierte kontrollierte Studien mit größeren Gruppen erforderlich sind, um diese vorläufigen Beobachtungen zu bestätigen.
Es gibt mehrere laufende Studien (Stand Juli 2021). CORONAVIT in Großbritannien untersucht, ob die Behebung eines Vitamin-D-Mangels während des Winters das Risiko oder den Schweregrad von COVID-19 und anderen akuten Atemwegsinfektionen verringert und umfasst 6.200 Teilnehmer. In Frankreich versucht eine kleinere Studie, CoVitTrial, die Auswirkungen von Vitamin D auf ältere Erwachsene mit hohem COVID-19 Risiko zu beurteilen. Die Ergebnisse beider Studien sollen noch in diesem Jahr vorliegen.
Letzte Aktualisierung am 17. Dezember 2021
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