Studie über genauere Cut-Off-Werte bei NBS

Die Bestimmung spezifischer und bevölkerungsbasierter Cut-Off-Werte führt dazu, dass falsch-positive Ergebnisse reduziert werden

Ziel des Neugeborenen-Screenings ist es, potenziell tödliche oder beeinträchtigende Erkrankungen bei Neugeborenen so früh wie möglich zu erkennen. In der Regel wird die Analyse innerhalb weniger Tage nach der Geburt durchgeführt. Das ermöglicht eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der betroffenen Babys und trägt dazu bei, Mortalitäts- und Morbiditätsraten zu senken. Unbehandelt können diese Erkrankungen schwerwiegende Auswirkungen haben, zum Beispiel irreversible Schädigungen des Nervensystems.

TDM in ECMO Patients - ChromsystemsTDM in ECMO Patients - Chromsystems

LC-MS/MS gilt als die Methode der Wahl, da sie eine Bandbreite von Biomarkern für angeborene Stoffwechselstörungen (inborn errors of metabolism) durch einen einzigen Test mit Trockenblut (dry blood spot, DBS) abklärt und gleichzeitig hochpräzise Daten liefert. Mittels einer Analyse können sehr schnell und mit hohem Durchsatz mehr als 50 Störungen bestimmt werden, darunter Aminoazidämien, Fettsäureoxidationsstörungen, organische Azidämien und andere Erkrankungen.


Die Studie aus Saudi-Arabien

Wie bei anderen klinischen Assays gibt es einen Grenzwert (einen „Cut-Off“-Wert), die auf normale oder von der Norm abweichende Werte schließen lassen. Dazu sind präzise und klinisch validierte Daten erforderlich. Es gibt mittlerweile Screenings für immer mehr Erkrankungen. Dabei muss die Analyse aber auch korrekt sein und sollte nicht zu falsch-positiven oder falsch-negativen Ergebnissen führen. Kürzlich haben Khan et al. in Saudi-Arabien eine Studie im Neugeborenen-Screening durchgeführt, um bevölkerungsbasierte Cut-Off-Werte und Analyten-Verhältnisse über einen längeren Zeitraum neu zu bewerten.

Für die Studie wurden zwischen 2013 und 2020 Neugeborenen-Screenigs mittels LC-MS/MS sowie genetische Screenings durchgeführt. Für Aminosäuren und Acylcarnitin wurde der Assay von Chromsystems ohne Derivatisierung verwendet. Die Studie umfasste auch die Biomarker 17-Hydroxyprogesteron (17-OHP), Thyrotropin (TSH), Biotinidase-Aktivität (BTD) und Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase-Mangel (GALT). 

Die initialen Cut-Off-Werte wurden anhand von 400-500 Trockenblutproben (DBS) bestimmt, die aus der Ferse entnommen worden waren. Über die 8 Jahre stieg diese Anzahl auf mehr als 74.000 an, sodass sich die statistischen Parameter und die Krankheitsbereiche über den Studienverlauf veränderten. Jedes Jahr wurden die Cut-Off-Werte für abnormale Ergebnisse entsprechend diesen neuen Daten angepasst und optimiert.

Mehr Daten, bessere Cut-Offs

Nach acht Jahren wurden die Screening-Ergebnisse aller normalen Patientenproben überprüft und für alle Analyte bevölkerungsbasierte Cut-Off-Werte berechnet. Die Ausgangswerte und die neu bestimmten Cut-Off-Werte wurden verglichen und die erforderlichen Änderungen vorgenommen. Durch eine ausreichende Menge an Daten konnten die Cut-Off-Werte für abnormale Ergebnisse drastisch reduziert werden, was zu weniger falsch-positiven Ergebnissen, einer genaueren Analyse und positiveren Vorhersagewerten („prediction values“) für verschiedene Analyte führte.

Die Autoren der Studie kamen zu dem Schluss, dass „die Bestimmung spezifischer und bevölkerungsbasierter Cut-Off-Werte und Analyten-Verhältnisse unerlässlich für schnelle und richtige IEM-Diagnosen ist […] und zu einer Reduzierung der Falsch-Positiv-Raten beiträgt“. Das wiederum macht unnötige Second-Tier-Tests überflüssig und erspart den Familien vermeidbare Sorgen, die mit diesen zusätzlichen Tests einhergehen.

Nach Aussage der Verfasser handelt es sich bei dieser Studie um eine der bisher größten. Sie ist aber nur repräsentativ für die lokale Bevölkerung in Saudi-Arabien, wo sie durchgeführt wurde. Das Ziel für die Zukunft ist, die Studie auszuweiten, um ein Modell auf Basis einer breiteren Bevölkerung zu erstellen. „Die Ergebnisse werden für alle Laboratorien und Ärzte im ganzen Land nützlich sein.“

 

Letztes Update: 10.02.2023


Referenz:

Adbul Rafiq Khan, Ali Alothaim, iDAhmed Alfares, Adil Jowed, Souad Marwan Al Enazi, Saad Mohammed Al Ghamdi, Ahmed Al Seneid, Areej Algahtani, Saleh Al Zahrani, Majid AlFadhel, Omar Aldibasi, Lamya Abdulaziz AlOmair, Rafah Bajudah und Abeer Nawaf Alanazie. Cut-Off-Werte für Neugeborenen-Screenings für angeborene Stoffwechselstörungen in Saudi-Arabien. Annals of Saudi Medicine, 7. April 2022. https://www.annsaudimed.net/doi/10.5144/0256-4947.2022.107